Mittwoch, 25. Juni 2014

600 km Brevet

Am 07.06.2014 startete ich das erste Mal bei den Randonneuren. Da ich 2015 bei dem Highlight der Randonneure Paris-Brest-Paris teilnehmen möchte, benötige ich für 2014 ein Brevet mit dem ich mich dann voranmelden kann. Je länger das Brevet, desto früher kann man sich voranmelden (1000-600-400-300-200 km). Ich suchte mir ein 600 km Brevet (Zeitlimit 40 Stunden, keine Ranglistenwertung) aus, um schonmal ein Gefühl für eine lange Strecke zu bekommen und um auch viel zu lernen von Fahrverhalten, Gepäck, Verpflegung,... Leider waren die Vorzeichen nicht gut. Am vorherigen Montag war ich noch bei meinem Arzt wegen einer Sehnenreizung linkes Knie, Fersenspornanzeichen. Ich sprach dann mein Brevet an, na ja begeistert war er nicht davon. Da ich am folgenden Tag auch noch Rückenprobleme bekam, war für mich die Sache eigentlich erledigt. Mittwoch, Donnerstag ging es mir wieder etwas besser und die Wetteraussichten waren phantastisch, so dass ich mich spontan am Freitag entschied, zumindest zu starten, um ein "wenig" mitzufahren. Da mein neues Komfortrennrad noch nicht geliefert wurde und mein altes Rennrad nach ca. 47000 km einen Rahmenschaden davon trug, musste ich mein Tri-Bike für so eine Strecke ausrüsten. Ich hatte nach der Arbeit viel zu tun, so dass ich mit 4 Stunden Schlaf auskommen musste, um die Bahn nach Kevelaer zu ereichen. Schon in der Bahn ab Düsseldorf traf ich Randonneure, mit denen ich mich austauschen konnte. Die Startbesprechung in Twisteden
Ich startete in der 1.Startgruppe(25 Teilnehmer) um 8 Uhr. Da ich noch kein Navi-Gerät habe, musste ich bei irgendeiner Gruppe mitfahren, um die Strecke überhaupt zu finden. Da ja noch andere Startgruppen folgten, konnte ich mich notfalls zurückfallen lassen.
Es wurde ein Tempo angeschlagen, was ich niemals vorne im Wind(Gegenwind)gefahren wäre, aber in der Gruppenmitte ging es. Mir war dann schnell klar, ich bin wohl bei den "Schnellen" gelandet. Man musste sehr aufmerksam fahren, pinkeln war nicht drin, die Gruppe wäre weg gewesen. Wir fuhren durch Holland, irgendwo bei Aachen wurde es dann hügeliger. Es ging dann nach Belgien und von dort in die Eifel. An einigen Kontrollstellen, z.B. Kioske, Tankstellen mussten wir unsere Brevet-Karte stempeln lassen mit Uhrzeit und Unterschrift, da konnte man zum Glück auch mal wieder pinkeln gehen:-)
Inzwischen ist die Gruppe kleiner geworden, ca. 8-10 Leute. Mir war klar, das dieses Tempo auf Dauer für mich zu schnell ist. Nach dem härtesten Anstieg in der Eifel war ich dann auch letzter der Gruppe und fuhr dann bei der Abfahrt mein Tempo runter. Ich wartete in einem kleinen Ort auf einen nachfolgenden Fahrer und wir gingen dann erstmal entspannt Kaffeetrinken.
Wir trafen dann noch weitere Versprengte der 1. Gruppe und es wurde wieder zügiger gefahren (zügig = über 30er Schnitt, lockerer = unter 30er Schnitt, ohne die Pausen). Da wir streckenmässig eine große Acht fuhren, kamen wir nach ca. 350 km in die Nähe des Startortes zu der einzigsten Verpflegungsstelle, nähmlich bei dem Veranstalter Moni+Michael zu Hause. Wir sollten eine halbe Stunde vorher anrufen, und wurden dann mit leckerem Essen verwöhnt.
Hier nun ein paar Bemerkungen zu den verschiedenen Teilnehmern. Peter fuhr mit einer großen Messengertasche auf dem Rücken. Er holte ab und zu Würste zum Essen heraus und hatte einige Wasserflaschen darin, aber nicht zum Trinken, sondern zum Duschen während der Fahrt. Auch rauchte er bei jeder Pause eine Zigarette. Aber täuscht euch nicht, er konnte im leicht welligem Gelände unglaublich Gas geben. Er motivierte mich, stieg allerdings dann spontan an der Verpflegungsstelle aus.
Auffällig war auch ein Fahrer, der ohne Helm fuhr, aber sehr kommunikativ war. Er trainierte für ein 1200 km Brevet in Israel und zog sein Training in der schnellsten Gruppe durch. Auch dieser Liegeradfahrer war im Flachen unglaublich schnell, er holte uns kurz vor der Pause ein. Schließlich musste er sein 14 kg - Rad auch die steilen Anstiege in der Eifel hochtreten.
Nach einer längeren Pause bei Moni+Michael wollte ich mit einer größeren Gruppe durch die Nacht fahren.
Das klappte anfangs ganz gut. Plötzlich hörten wir noch "Halt" und bevor wir uns versahen, war ein Großteil der Gruppe weg. Der Kollege (siehe vorheriges Foto, kennt Jochen vom RATA, trainiert für Tour de Tortour) fuhr mindestens eine halbe Stunde vorne und war, mit Recht etwas angesäuert, das die Anderen kaum auf uns gewartet haben. So mussten wir zu Dritt (mit einer echt starken Frau, die oft vorne fuhr) den Rest der Strecke bewältigen. Oft stoppten wir, um etwas zurückzufahren, weil die Navis manchmal recht langsam reagieren. In der Nähe von Amsterdam fanden wir die Kontrollstelle nicht und ließen uns von einem Privatmann mit seinem Geschäftstempel quittieren, das wir tatsächlich da waren (mindestens eine halbe Stunde verloren). Ich habe nur einen Kaffee (ausnahmsweise bei Mc Do) getrunken. Die letzten 120 - 130 km fuhren wir durch. Unsere Fahrgeschwindigkeit hat sich unwesentlich verringert, jedoch durch die Streckensuche kalkulierten wir lieber mit einem 25er Schnitt. Auf den Fahrradautobahnen kamen dann ab und zu "frische" holländische Radsportler angedüst. Nun gut, da fuhr man dann auch wieder schneller (31-34er). Zwischen 12.30 und 13 Uhr waren wir endlich im Ziel, nach ca. 28/29 Stunden (die genaue Zeit bekomme ich irgendwann mit der Brevetbescheinigung). Mein Tacho zeigte mir einen Fahrschnitt zwischen 27/28 kmh an und 626 km an. Die Gruppe, die wir verloren hatten, war ca. 1 Stunde früher im Ziel (kannten die Strecke besser) und die schnellste Radgruppe (1.Startgruppe, mit denen ich anfangs fuhr) waren über 3 Stunden früher da, wobei ich hörte, das da einige nach der Hälfte aufgegeben hatten. Mein Fazit: Ich bin froh, das ich das mit meinen Blessuren geschafft habe. Müdigkeit hielt sich in Grenzen. Ich hatte extreme Taubheitsprobleme (Unterleib und Hände), was auch an dem Rad lag (keine Komfort-Geometrie). Teilweise nette Leute, aber manche auch sehr eigenwillig. Also die MTB-Szene wirkt auf mich lockerer, entspannter und lustiger. Gut ich muss zugeben, auf einige wirkte ich wohl auch etwas speziell, kommt da mit einem Zeitfahrrad, hat sich kaum vorbereitet (einmal 200 km RTF gefahren), klagt über seine Wehwehchen, aber ich war wenigsten immer lustig drauf. Im nächsten Jahr muss ich die ganze Brevet-Serie fahren, um bei Paris-Brest-Paris mitmachen zu können. Da werde ich die Randonneure besser kennen lernen.